Kirche St. Pius X.
Die Gemeinde St. Pius war von Anfang an eng mit dem Bergbau verbunden. Das zeigt sich auch in der Gestalt der 1965 eingeweihten Kirche. Der Kirchturm nahm die Form des Förderturms der inzwischen aufgelösten Zeche Brassert auf, auch sein Eingang erinnerte in seiner Enge an einen Stollen, dem Arbeitsplatz der Bergleute. Die Verknüpfung mit der Arbeitswelt war bewußt gewählt. Allerdings sollte sich beim Betreten der Kirche ein anderer Raum eröffnen als der unter Tage, der von Menschen erarbeitet wird. Hier sollte ein „Ort der Gnade“ zu erleben sein, wo nicht Leistung und Gewinn zählen, sondern allein das Geschenk der Menschenfreundlichkeit Gottes. Die hohen Mauern geben das Gefühl der Geborgenheit, gesäumt durch ein Fensterband, das auf das himmlische Licht, das „Licht von oben“ hindeutet.
Innen und Außen
Die unterschiedlichen Höhen der Decke beschreiben drei Schalen: der niedrige Bauteil stellt die Quelle des Lebens in der Taufe dar, der nächst höhere die Schale für das Wort Gottes, den höchsten Bereich bildet der Altarraum mit der Schale für das Brot Gottes. In der Mitte öffnet sich die Rundkirche, überdacht von den den Strahlen der Holzdecke. Die Dickglasfenster symbolisieren die Elemente Erde und Wasser, Feuer und Luft, sowie das Licht. Das größte Fenster trägt den Titel „Herrlichkeit Gottes“ und beleuchtet sinnvollerweise den Altarraum.
Wie die Fenster, so erzählen alle Bildwerke die Geschichte Gottes mit den Menschen: der brennende Dornbusch, in dem Gott sich dem Mose zu erkennen gab, auf dem Tabernakel; der Kreuzweg, der nicht mit dem Tod Jesu endet, sondern mit der Auferstehung Jesu, dargestellt im überlebensgroßen Bild des in den Himmel Auffahrenden über dem Altar; die Pfingstszene, in der der Heilige Geist über Maria und die Apostel in Feuerzungen erscheint, als Frontbild des Ambo.
Die Geschichte Gottes endet nicht mit der Zeit, die in der Bibel berichtet wird. Gottes Weg mit den Menschen in ihren Ängsten, Nöten und Sehnsüchten geht weiter. So gibt es in der Pius-Kirche auch Erinnerungen an dunkle Zeiten der jüngsten Vergangenheit: Das Kreuz in der Nähe der Beichtstühle befand sich ursprünglich im Sitzungssaal der Stadt Marl, wurde dann von den Nazis auf einen Scheiterhaufen geworfen und sollte verbrannt werden. Ein Arbeiter der Stadt hat es vor dem Verbrennen gerettet und schließlich der Gemeinde vermacht. Auf die gleiche Zeit verweisen die Wandleuchter: Die darin eingefassten Steine stammen aus dem Konzentrationslager Flossenbürg.
Die Gemeinde St. Pius hat sich immer wieder neu auf veränderte Lebensumstände eingestellt und sich entsprechend entwickelt. Das zeigt sich nicht zuletzt in der weiteren Gestaltung des Kirchenraums. In einem leicht erhöhten Bereich wurde eine Kinderecke eingerichtet. Hier werden die Kleinen während des Gottesdienstes begleitet und können beim Malen und Spielen nebenbei alles mit verfolgen. Und wenn die Eltern in ihrer Bank zwischendurch von ihren Sprösslingen besucht werden – daran stört sich niemand. Hauptsache ist, die Kinder wissen von Anfang an: Ich bin gern gesehen und ich gehöre dazu.
Eine größere Baumassnahme war die Neugestaltung des Eingangs von der Schachtstrasse und die Erweiterung durch einen Anbau, die „Oase“. Die Türen sind mit elektronischen Schlössern ausgestattet und können mit einem Chip bedient werden. Diesen kann jede*r bekommen, sodass die Kirche tagsüber frei zugänglich ist. In der „Oase“ werden die Werktagsgottesdienste gefeiert, nach der Sonntagsmesse wird sie zum Kirchencafé, des weiteren treffen sich kleinere Gruppen, die in ruhiger Atmosphäre ihre Anliegen miteinander verfolgen möchten. Zu bestimmten Anlässen, wie der Osternacht oder dem Erntedankfest, lassen sich die Glastüren vollständig öffnen, so dass ein großes Foyer entsteht, das mit dem Kirchenraum verbunden ist und wo dann die Bewirtung einer großen Anzahl von Menschen möglich wird.
Unser Glaube will veranschaulicht werden, darum wird seit jeher in den Kirchen auf vielfältige Weise vor Augen geführt, wovon gesprochen wird. Dies geschah immer mit den Mitteln, die in der jeweiligen Zeit zur Verfügung standen. Die Gemeinde St. Pius hat sich dazu entschieden, ein heute gängiges Medium zu nutzen. Darum wurde über dem Taufbecken gut sichtbar für alle eine Monitorwand installiert. Die dort eingespielten Bilder, Texte und Videos bereichern den Gottesdienst und unterstützen die Verkündigung.
Auszüge aus der Chronik:
- 1965: Einweihung der Kirche (Architekten Burlage und Nibur, Osnabrück)
- 1994: Erweiterung der Orgelempore, Einbau der Resonatoren-Orgel
- 2003: Neugestaltung des Eingangs Schachtstrasse und Anbau der „Oase“
- 2010: Erweiterung des Geläutes um 3 Glocken
- 2011: Installation der Monitorwand
Die Ausstattung wurde geschaffen von
- Johannes Dinnendahl (Marienbild)
- Trude Benning-Dinnendahl (Dickglasfenster)
- Franz-Ludwig Dinnendahl (Altar, Tabernakel)
- Joseph Krautwald (Großkreuz im Altarraum, Kreuzweg, Marienstatue, Taufbecken)
- Guido Meinert (Ambo)
- Heiner Kuhlmann (Kreuz über dem Turmeingang)